Spiritualität bedeutet ein bewußtes Leben aus der Berufung in der Taufe. Damit ist christliche Spiritualität immer Antwort auf Gottes Ruf und bezogen auf die Gemeinschaft der Kirche. Im Ordensleben meint Spiritualität die geistliche Prägung einer Gemeinschaft, die meist auf ihren Gründer zurückgeht und in der Ordensregel festgeschrieben ist.
Die Spiritualität der Kamillianer lebt aus drei Quellen: aus dem Leben und Beispiel des Ordensgründers Kamillus von Lellis, aus der Ordensregel und der Heiligen Schrift.
Das besondere Charisma (= die geistliche und praktische Orientierung) der Kamillianer besteht in der Liebe zu den Kranken. Die Ordensregel zeigt auf, was die Spiritualität der Kamillianer kennzeichnet: die Gegenwart Christi in dem, der den Kranken dient, und die Gegenwart Christi im Kranken, dem gedient wird; er erkennt in dem leidenden Menschen den gekreuzigten Jesus.
Auf der einen Seite identifiziert sich der Kamillianer mit dem barmherzigen Christus und will zugleich für den Menschen, der Hilfe braucht, zum barmherzigen Samariter werden. Das sind die beiden spirituellen Leitlinien der Kamillianer.
1. Wie Jesus den Kranken dienen
Die erste Leitlinie: die Identifikation mit Christus und seiner Sendung in unserer Welt. Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter im Lukasevangelium (Lk 10,25-37) heißt es am Schluß: "Dann geh und handle genauso!"
Dabei geht es um eine Spiritualität der Liebe, die sich schenkt, ohne Opfer zu scheuen, und koste es auch das Leben. In der Ordensregel und in der Gelübdeformel heißt es: "Dem Kranken auch unter Lebensgefahr dienen."
Zur Spiritualität der Kamillianer gehören auch Zeiten der Reflexion, der Meditation und des Gebetes. Dennoch ist Spiritualität für Kamillus völlig praxisbezogen: "Eine Frömmigkeit, die die Werke der Nächstenliebe vernachlässigt, ist falsch. Für mich gibt es eine Frömmigkeit der Tat, die die Arbeit zum Gebet macht ... Der Herr will von uns Werke der Liebe. Mir ist es lieber, wenn sich ein Ordensmann bereithält für den Ruf zu einem Sterbenden, als wenn er in Verzückung in seiner Zelle sitzt."
Dazu ein Artikel von Pater Leonhard Gregotsch MI: „Die kamillianische Ordensberufung“2. Krankendienst als Gottesdienst
Die zweite Leitlinie meint die Einheit von geistlichem Leben und den Anforderungen der täglichen Arbeit. Dabei wird die Arbeit selbst zum Gebet und der Dienst am Kranken zum Gottesdienst. Wo ein Kranker ist, dort ist Gott ... Der Krankensaal wird zur Kirche, das Krankenbett gleichsam zum Altar.
Arbeit als Gottesdienst. Diese Sichtweise kann sich auf Jesus selbst berufen. Im Bericht über das "Weltgericht" im Matthäusevangelium sagt Jesus den Menschen auf seiner rechten Seite: "Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid ... Ich war krank, und ihr habt mich besucht ... Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" (vgl. Mt 25,31-46).
Auch die Ordensregel schreibt einen gemeinsamen Lebensstil vor, der ganz auf die Ausübung der Nächstenliebe hin orientiert ist. Im Kapitel "Leben im Geiste" schreibt sie vor, daß sich der Kamillianer mühen soll "um eine immer persönlichere und von Vertrauen erfüllte Beziehung zum Vater durch seinen Sohn Jesus, in dessen Namen er den Kranken dient, wobei wir unser ganzes Leben vom Geist leiten lassen."
Die Spiritualität der Kamillianer findet ihren stärksten Ausdruck und ihre tiefste Quelle in der Feier der Eucharistie. Das Kreuz, das Kamillus immer bei sich trug und das zum Kennzeichen seines Ordens wurde, erinnert daran, daß Leid nicht das letzte Wort hat. Am Ende steht das Geheimnis der Auferstehung, das vor allem auch den Kranken und Sterbenden eine neue Dimension der Hoffnung eröffnen kann.
Eine besondere Verehrung pflegt der Orden der Kamillianer gegenüber der Gottesmutter Maria. Im Mutterhaus der Kamillianer in Rom, der Kirche der hl. Maria Magdalena, befindet sich das Gnadenbild "Maria, Heil der Kranken". Maria ist in ihrer Treue und Liebe zu den Kranken ein Vorbild des geistlichen Lebens und des Dienens und steht den Ordensschwestern und Brüdern mit ihrer mütterlichen Liebe bei.
Maria, die Königin der Diener der Kranken, breitet schützend ihren Mantel über den hl. Kamillus.
(18. Jahrhundert).
© Kamillianer 2019 - [Stand: 01.12.2019] zurück